Heute in der Welt: "Der Ausverkauf der Gotteshäuser", nicht namentlich gezeichnet und mit vielen interessanten Beobachtungen:
Der Altar ist abgeräumt, das ewige Licht aus der Wand gerissen. Doch die Wunde im Mauerwerk schreibt die Kreuzesform auch jetzt noch wie ein nicht verlöschendes Zeichen über den Tisch des Herrn - so als sei das Sinnbild dem Bauwerk eingebrannt. Christkönig in Kaiserslautern, die Backsteinkirche im Villenviertel auf dem Lämmchesberg, ist ausgeweidet bis auf die roten Außenmauern und die haushohen Kirchenfenster, in denen sich hundertfach das Christ-König-Motiv, die Krone, wiederholt. Im Herbst 2007 wurde die Kirche profaniert, vor einem halben Jahr verkauft - bald rücken die Betonmischer an, um den Baukörper für "neue Nutzungen" umzugestalten...
Für manchen Kirchenoberen haftet diesen "Bürgerinitiativen" etwas Unheimliches, das Selbstverständnis der Kirche Verletzendes an, stehen doch Ausmaß und Breitenwirkung der Proteste in krassem Gegensatz zur Schrumpfung der Gemeinden, zum Leerstand von Kirchen und zum Rückgang der Kirchensteuereinnahmen, die vielerorts die Unterhaltung kirchlicher Gebäude zu einer kaum lösbaren administrativen Aufgabe machen...
Mehr Wandel? Die Bürgerinitiativen für die Rettung bedrohter Kirchen setzen sich offensichtlich für etwas anderes ein. Gläubige und Kirchenleitungen scheinen aneinander vorbeizureden. In Kaiserslautern wurde der einzige authentische Zeuge, der Katholik und Nachbar Jäger, zwar freundlich angehört, aber kein Kongressteilnehmer verspürte ein Interesse, die nur 100 Meter entfernte Abrisskirche Christkönig vor dem Umbau zum Appartementhaus noch einmal zu betreten. Den Fürsprechern des "Wandels" geht es nicht um bestehende Kirchen - sie wollen eine neue, veränderte Kirche. Bürgerinitiativen zur Rettung gefährdeter Kirchen sind ihnen suspekt...
Offenbar ist es nicht der Leerstand, sondern die Faszination des "Wandels", der bei der Schließung von Kirchen Pate steht. Im Rausch der Veränderungsmanie spielt die Gefühlslage der Gläubigen offenbar keine Rolle. Die Fördervereine für alte Kirchen, die Widerstandsveranstaltungen gegen Kirchenschließungen, die großen "Events" unter freiem Himmel und die Wallfahrten nach Rom scheinen bei der Absicht nur zu stören, der "neuen" Kirche auch mit neuen Nutzungsideen inhaltlich und baulich Gestalt zu geben.
Kirchliches Leben hat nichts mit Protz und Prunk zu tun, auch wenn die Kirche keinen Anlass hat, sich in Sack und Asche zu kleiden. Aber das kirchliche Gebäude, so hat es Preußens großer Baumeister Karl Friedrich Schinkel einmal ausgedrückt, soll Gott darstellen. Und seinen Standeskollegen empfahl er, sich dieser Bauaufgabe in "Resignation" (d.i. Demut) zu widmen.