30.12.12

Rückgabe statt Aufgabe? Was geschieht mit den schwindenden Kirchen der Reformation?

Nehme ich die letzten beiden Einträge in diesem Blog einmal zusammen, dann drängt sich ein Thema förmlich auf: Was wird eigentlich mit heute evangelischen Kirchen geschehen, die bis zur Reformation katholisch waren, wenn sie in absehbarer Zeit aufgegeben werden müssen?

Das ist keineswegs eine rein theoretische Frage. So wurde bereits vor Jahren diskutiert, die Kirche Ss. Cosmae et Damiani in Stade in ein Museum umzuwandeln. Und im Alten Land sollen mittelfristig nur drei von heute zehn Kirchen aus Kirchensteuermitteln finanziert werden. Ob es gelingt, die übrigen weiterhin zu unterhalten?

Sind nicht die katholischen Bistümer in der Pflicht, diese historischen Kirchen zu erhalten, wenn die evangelischen Landeskirchen dazu nicht mehr in der Lage sind? Und müssten die ehemals katholischen Kirchen nicht zurückgegeben werden, wenn sie nicht mehr gebraucht werden und nicht mehr finanziert werden können?

Wahrscheinlich wird es auf diese Fragen keine allgemeingültigen Antworten geben. Es wird in jedem Einzelfall und anhand der Situation an Ort und Stelle zu entscheiden sein, was mit den Kirchen geschehen soll. Doch tun wir gut daran, rechtzeitig darüber nachzudenken und die Diskussion zu führen, um nicht irgendwann von der konkreten Frage überrascht zu werden.

Im Grunde müssten die Bistümer heute schon Pläne entwickeln und für die mögliche Finanzierung Vorsorge treffen. Und das Gespräch mit den evangelischen Landeskirchen aufnehmen. Denkbar ist ja durchaus auch die Lösung, Simultankirchen zu schaffen - womöglich sogar oft die beste Variante.

Denn in diesem Fall können sich Bistümer und Landeskirchen die Finanzierung teilen und die Gemeinden die Nutzung. Was im günstigsten Fall auch die Ökumene voranbringen könnte.

Wider das Kirchensterben

Zu Weihnachten hat Daniel Deckers in einem Leitartikel der FAZ das Thema dieses Blogs aufgegriffen. "Wider das Kirchensterben" lautet die Überschrift.
Etwa zehn Kirchen oder Gemeindehäuser ereilt dieses Schicksal allein in der Evangelischen Kirche im Rheinland - jedes Jahr. Das Bistum Essen, das just in jenem Jahr 1958 gegründet wurde, als im Ruhrgebiet das Zechensterben begann, hat fast jeden dritten Kirchenraum zur Disposition gestellt. Andernorts hat das Kirchensterben noch nicht mit jener Wucht eingesetzt, die neben den betroffenen Gläubigen auch immer wieder Kommunalpolitiker und Denkmalschützer auf den Plan ruft.
Am Schluss seines Artikels bringt der Autor auf den Punkt, was Kirchen über die rein materielle Funktion eines Gebäudes hinaus bedeuten.
Gerade an Feiertagen wie Weihnachten, aber auch an Tagen persönlicher wie kollektiver Trauer zeigt sich, dass selbst die unscheinbarste Kirche mehr ist als ein seelenloser Versammlungsraum für eine zunehmend kleiner werdende Zahl religiöser Virtuosen mit seltsam anmutenden Zeremonien. Als Gedenk- und Erinnerungsort vergegenwärtigen sie die Vergangenheit, als Orte des Heiligen transzendieren sie die Gegenwart, als Stein gewordener Glaube bezeugen sie die sprachlich kaum fassbare Hoffnung auf Ewigkeit. Genau deswegen waren und sind Kirchen den Ideologen jeder Couleur stets ein Dorn im Auge gewesen, genau deswegen scharen sich noch heute Bürger, die an allem zweifeln, um ihre von Ideologien jeder Art bedrohten Kirchen. Genau deswegen werden auch heute noch Kirchen gebaut.

Neue Simultankirche in Coppenbrügge

Einmal im Monat wird künftig in der evangelischen Kirche St. Nikolai in Coppenbrügge eine katholische Messe gefeiert. Die frühere katholische Kirche Maria Königin der Apostel war am 9. Juni durch Bischof Norbert Trelle profaniert worden. In Deutschland gibt es etwa 65 solcher Simultankirchen.

28.12.12

Bleibt vorerst: St. Josef, Volpriehausen

Es gibt auch gute Nachrichten aus dem Bistum Hildesheim, von wo bis jetzt eine ganze Reihe von Kirchenschließungen zu berichten waren. Die Kirche St. Josef in Volpriehausen (Kreis Northeim) bleibt mindestens bis 2019 erhalten. Die HNA berichtet:
Die sonntäglichen Gottesdienste würden laut Hieber von 30 bis 40 Katholiken besucht, und auch auf die intakte Bausubstanz der Kirche sei hingewiesen worden. Außerdem haben der Pastoralrat, die Stadt Uslar und Ortsbürgermeister Gerd Kimpel dem Folgeantrag „unterstützende Stellungnahmen“ zugefügt, mit dem Wunsch, die für 2014 vorgesehene Stilllegung weiter zu verschieben. Jetzt sei die Nachricht vom Bistum Hildesheim eingetroffen, die keine Schließung in den kommenden sechs Jahren vorsieht. „Die Gemeinde in Uslar und die Gläubigen der Filialkirche können dem Jahr 2019 mit Ruhe entgegen sehen“, schreibt Bertold Hieber. Er führt die erneute Verschiebung der Schließung auf das „aktive pastorale Leben und die aktive Gestaltung des Gemeindelebens in der Filialkirche“ zurück, das es zu erhalten gelte.